Die Familie Schmidt waren die letzten sudetendeutschen Besitzer des Stahlnhofes bevor sie 1946 nach Ende des zweiten Weltkrieges von den Tschechen enteignet und vertrieben wurden. Danach verfiel der Stahlnhof stetig und wurde in den 70er (?) Jahren endgültig abgerissen. (In einem separaten Artikel erzählen wir die über 400jährige Geschichte des Stahlnhofs.)
Die Schmidts auf dem Stahlnhof
Die Familie Schmidt bewirtschaftete den Stahlnhof bei Aich (Karlsbad) von 1896 – 1945.
Ottomar Schmidt kaufte am Heiligen Abend, den 24.12.1896, den Stahlnhof seinem Vorbesitzer Rudolf Mayerhöfer ab. Von da an wohnte er mit seiner Frau Theresia und seinen fünf Kindern dort.
1884 hatte Ottomar aus Schneidmühl im Alter von 29 Jahren seine Theresia geb. Fischer aus Ebmeth bei Falkenau, 28 Jahre alt, geheiratet. Sie gaben bei ihrer Hochzeit beide als Wohnadresse Schneidmühl 78 an. Theresia war dort schon seit einem Jahr gemeldet. Ihre Kinder hießen Emil, Otto, Johanna, Berta und Gisela. An den Geburtsorten ihrer Kinder kann man erkennen, dass sie oft umgezogen sind, bis sie dann im Stahlnhof ihre endgültige Bleibe fanden. Ottomar Schmidt verstarb dort am 28.12.1937 und seine Frau Theresia nur kurz zuvor am 18.07.1937.
Ihre Kinder gründeten die folgenden eigenen Familien:
Emil Schmidt (geb. 1884 in Fischern) heiratete Klara Hahn (geb. 1886 in Neudek) und bekam den Restaurationsbetrieb des Stahlnhofes 1918 bei seiner Hochzeit überschrieben. Neben dem Restaurant und der Kahnfahrt gehörten auch noch ein Stück Wald und der Fischfang dazu. Emil hatte zuvor Wirtschaftskaufmann studiert. Sie hatten eine Tochter namens Gisela Anna (1918-2007), die in Taschwitz geboren wurde. Klara und Emils Wege trennten sich. Der Gasthof Stahlnhof wurde (zeitweise) verpachtet. Ob es auch zu einem Verkauf kam, muss noch geprüft werden. Klara, gelernte Köchin, lebte mit Gisela im Kurviertel von Karlsbad und betrieb dort auf der Promenade einen eigenen Verkaufsladen für Feine Karlsbader Backwaren. Gisela machte eine Ausbildung zur Friseurin in Würzburg und lebte in der Ausbildungszeit bei der Familie ihrer Mutter. Klara verstarb 1943 in Karlsbad. Emil lebte und arbeitete zum Schluß in Karlsbad als Buchhalter. Dort verstarb er 1946. Gisela wurde 1946 von Karlsbad vertrieben und ging nach Westdeutschland.
Otto Schmidt heiratete Marie (wahrscheinlich: Maria Erlbeck aus Aich, 1883-1958) ebenfalls 1918 und bekam dabei den landwirtschaflichen Teil des Stahlnhofes überschrieben. Dazu gehörten neben dem Bauernhof sämtliche Wiesen und Felder einschliesslich Wald und Jagdrecht. Otto hatte zuvor an der Ackerbauschule studiert. Das Paar hatte drei Söhne namens Julius (x-1975), Josef (x-1973) und Emil (x-1976). Julius wurde Müller in Aich (Haus Nr. 38, 63, 91, 92). Josef wurde Fleischer in Aich (Haus Nr. 27). Emil wurde Bäcker in Aich (Haus Nr. 24).
Gisela Schmidt (1888-1921) wurde in Mayerhöfen geboren. Sie heiratete Josef Fischer (1879-1966) Oberlehrer und Bürgermeister aus Rodisfort, und nahm seinen Familiennamen an. Sie hatten zwei Töchter: Maria Klara (1919-1988) und Gertrud Johanna (1920-1995), die beide ebenfalls Lehrerinnen wurden. Gisela verstarb bereits im Alter von 33 Jahren. Nach der Vertreibung lebten Josef und seine Töchter in Süddeutschland.
Berta Schmidt (1889-1925) war ledige Mutter von Maria (Schmidt). Die geplante Hochzeit mit Ottomar Jäger, dem Vater ihres einzigen Kindes, konnte nicht mehr stattfinden, da dieser vorher im Krieg fiel. Berta lebte bis 1918 mit ihrer kleinen Tochter auf dem elterlichen Stahlnhof und arbeitete dort. Nach einer Schulung zur Maschinenstrickerin in Sachsen, zog sie mit Maria nach M., einem Vorort von Karlsbad. Sie erhielt 1918, als ihre beiden Brüder das Erbe bereits zu Lebzeiten des Vaters überschrieben bekamen, als Tochter einen Geldbetrag von ihrem Vater, von dem sie sich zwei Strickmaschinen kaufen konnte. Sie machte sich selbständig und verkaufte fortan ihre in Heimarbeit hergestellten Strickwaren (Socken, Pullover, etc). Berta wurde nur 36 Jahre alt. Maria machte nach dem Tod ihrer Mutter eine Ausbildung zur Fleischereifachkraft in Karlsbad. Maria lebte von 1911-1989 und verstarb in Ostdeutschland.
Johanna Schmidt (1893-1961) heiratete Josef Neudert (1897-1970) aus Neudek und nahm seinen Familiennamen an. Sie hatten einen Sohn namens Josef jr. (1921-1945), der in Moglio, Italien verstarb/fiel. Alle drei haben ein gemeinsames Grab in Tüppelsgrün (heute: Děpoltovice) bei Karlsbad. Ob es weitere Kinder gab, muss noch geprüft werden. Alle Angaben zu Johanna sind noch ohne Gewähr.
? Schmidt (vor 1888 geboren). Es verdichten sich Hinweise, dass eine weitere Tochter zur Familie gehörte, die jung schwanger wurde und im Kindbett verstarb.
Herkunft und Abstammung der Familie
Das erste Mal findet 1523 eine Familie Schmidt schriftliche Erwähnung in Aich. In dem Elbogener Urbar der Grafen Schlick von 1525, dessen Steuermatrikel sich aber auf das Jahr 1523 bezieht, sind folgende (Familien-)Namen erfasst:
- Hering
- Geyer
- Linhart
- Schmidt
- Thoma
- Zuherer
- Schmidt Jörg
Ob diese Schmidts in Verwandtschaft zu Ottomar Schmidt stehen, kann nicht gesagt werden. In den Jahren zwischen 1525 und 1750 fehlen jegliche Aufzeichnungen zu einer Familie Schmidt in Aich. Erst von 1750 – 1945 kann man sie in diesem Ort wieder nachweisen. Vieleicht lebten sie in der Zwischenzeit in Nachbarorten oder es handelte sich um zwei völlig unabhängige Familien mit dem gleichen Nachnamen. Wir wollen nun der Herkunft vom Stahlnhofbesitzer Ottomar nachgehen. Das folgende wissen wir über ihn:
Ottomar Schmidt wurde am 04.10.1855 in Schneidmühl, Haus Nr. 87, geboren. Schneidmühl gehöhrte zur Pfarrei Donawitz. Seine Eltern kamen beide aus Schneidmühl, Eduard Schmidt geboren 17.09.1825 in Haus Nr. 81 und Josefa Putz aus Haus Nr. 49. Josefa war die Tochter von Dominik (?) Putz und Anna Weitzer.
Eduard Schmidt war der vierte Sohn von Steinmetzmeister Josef Schmidt geboren am 10.12.1774 in Schneidmühl. Josef Schmidt heiratete am 20.11.1820 in Donawitz die fast zwanzig Jahre jüngere Barbara Weitzer geboren am 02.03.1794. Sie hatten zusammen acht Kinder.
Immobilien und Geschäftsfelder
Ottomar Schmidt war gelernter Maurer. Mit Häusern kannte er sich aus. Bereits sein Vater Eduard und sein Großvater Josef waren Steinmetze. Ottomar war sehr geschäftstüchtig und kaufte und verkaufte im Laufe der Zeit mehrere Immobilien. Er machte aus einem Teil des Stahlnhofes eine erfolgreiche Gastronomie. Unter seiner Regie kam das „Cafe und Restaurant Stahlnhof“ zur Blüte. Er betrieb auch ein Kahnfahrtunternehmen auf der Eger, das Fahrten vom Restaurant am Hans-Heiling zum Stahlnhof anbot und für den Rücktransport der Boote stromaufwärts sorgte. Ottomar besass Fischerei- und Jagdrechte. Er unterhielt zusätzlich eine Imkerei auf seinem Hof.
Leben und arbeiten auf dem Stahlnhof
Ottomars Gattin Theresia war, wie die ganze Familie, römisch-katholisch. Sie war sehr gläubig. Theresia versuchte nach Kräften die Großfamilie in Ordnung und Anstand zusammenzuhalten. Bis zum Ende ist es ihr allerdings nicht gelungen, bei einem Mann, der mehr unterwegs als zuhause war, Söhnen, die das leichte Leben liebten, Schwiegertöchtern, die nicht mitarbeiteten und eigenen Töchtern, die ihre Freiheit außerhalb des Hofes suchten.
Aber nun der Reihe nach. Alle fünf Kinder von Ottomar und Theresia fanden Arbeit im Restaurant und auf dem Hof. Die drei Töchter mussten hart mitarbeiten, die beiden Söhne schickte man zum Studieren in die Stadt.
Theresia kam aus einer Wirtsfamilie. Ihr Vater Karl Fischer hatte Theresia Hopf geheiratet und war Wirtschaftsbesitzer in Ebmeth. Theresia Schmidt geb. Fischer konnte anpacken. Sie war sehr organisiert und führte Gastwirtschaft und Hof inklusive Personal zusammen mit ihren Töchtern auch in schweren Kriegszeiten als die Männer nicht zuhause waren. Sie wurde als streng aber fair beschrieben.
Ottomar kümmerte sich mehr um die Außengeschäfte und Gäste. Er knüpfte nützliche Kontakte zu Geschäftsleuten aus der Stadt und liebte es zu spekulieren z. B. mit Immobilien. Gerne hielt er sich dazu auf der Rennbahn in Mayershöfen auf. Ottomar war ein charismatischer aber auch sehr impulsiver Mensch, der genau wusste, was er wollte und wie er es bekam. Gegenüber seinen Söhnen war er jedoch weich und nachgiebig. Er gewährte ihnen grosse Freiheiten und schickte sie auf gute Schulen. Bereits in jungen Jahren überschrieb er ihnen, gegen den Rat seiner Frau, das Erbe.
Daraufhin zog sich seine Frau Theresia von ihm und den Hofgeschäften zurück und überließ der neuen Generation die Führung. Theresia lebte bis zu ihrem Tode auf dem Stahlnhof in einem kleinen, eigenen Zimmer. Ihr Mann Ottomar bewohnte ein separates, größeres Zimmer mit Balkon. Das hatte er vertraglich mit den Erben abgemacht. Untätig war er in seinem Ruhestand jedoch nicht. Er machte weiter Geschäfte mit seinen zahllosen Bekannten und eröffnete nochmals ein Kahnfahrtunternehmen im Namen des Alten Stahlnhofwirtes mit den Booten, die von seinem Sohn Emil als wertlos ausgemustert wurden. Ottomar hatte die Boote in einem Bastelschuppen am Egerufer renoviert.
Seine Söhne Emil und Otto liebten das schöne Leben und weniger die harte Arbeit. Für die Arbeit nahmen sie sich Angestellte. Sie gaben oft mehr Geld aus als sie einnahmen. Ihre Ehefrauen brauchten nur zu repräsentieren. Wenn das Geld nicht reichte, wurde Holz oder Land verkauft.
Die drei Töchter der Familie verließen nacheinander den Stahlnhof. Gisela und Johanna heirateten Männer aus anderen Orten und zogen weg. Berta blieb zwar ledig, aber zog in einen anderen Ort, wo sie sich mit leichterer Tätigkeit selbständig machte. Sie hatte von Geburt an ein schwaches Herz und die harte Arbeit auf dem Hof tat ihr nicht gut. Die Kontakte unter den Geschwistern und zu den Eltern wurden immer weniger, obwohl sich die Geschwister untereinander gerne als Paten für ihre Kinder genommen haben.
Emils Ehe zerbrach. Seine Frau war nie glücklich in dem Leben, dass er sich für beide ausgesucht hatte und verließ ihn, um sich in Karlsbad alleine selbständig zu machen. Die Gastwirtschaft Stahlnhof wurde verpachtet. Beide verstarben krankheitsbedingt in Karlsbad. Sie mussten die Vertreibung ihrer Tochter und den Verlust des Stahlnhofs nicht mehr miterleben.
Auch die alten Herrschaften Ottomar und Theresia verstarben noch 1937 vor der Vertreibung und erlebten das traurige Ende des Stahlnhofs nicht mehr.
Ob Sohn Otto und seine Frau mehr Glück mit und auf dem Bauernhof hatten, ist nicht bekannt.
Die Gäste haben jedenfalls wenig von den familiären Spannungen mitbekommen. Für sie wurde der Gastbetrieb immer aufrecht erhalten, um ihnen wundervolle und unvergessliche Momente der Erholung im romantischem Egertal bei Karlsbad zu bescheren. Emil und Otto waren, genau wie ihr Vater Ottomar, großartige Gastgeber und verstanden sich darauf Gesellschaften zu geben und die Gäste zu unterhalten. Ihre Mutter Theresia und ihre Schwester Berta waren hervorragende Köchinnen und jahrelang die fleißigen Hände im Hintergrund. Berta blieb am längsten zur Unterstützung ihrer Mutter auf dem Stahlnhof. Aber auch ihre Schwestern halfen früher immer kräftig mit. Schwester Gisela war darüber hinaus eine ausgesprochen hübsche, junge Dame und so mancher Gast war nicht nur bezaubert von der Natur um den Stahlnhof herum, sondern auch von dem natürlichen Charme der ihn bedienenden Wirtstochter. Ihrem treuesten Stammgast gab sie dann auch das Jawort.
Das Cafe und Restaurant Stahlnhof war stets gut besucht und im ganzen Bezirk Karlsbad bekannt und beliebt. Eine Kahnfahrt auf der Eger war dazu der Höhepunkt des Ausflugs für Jung und Alt. Lesen Sie dazu auch über die Sommerfrische Stahlnhof und schauen Sie sich die vielen Ansichtskarten aus der alten Zeit an.
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