Karlsbad – Die Postkutsche
Die Via Regia von Eger nach Prag
Im allgemeinen Sinn bezeichnet Via Regia (übersetzt: Königsstraße) eine Straßenart, die im mittelalterlichen Europa direkt einem König untergeordnet wurde und unter seinem besonderen Schutz stand. Es waren oft Hohe Straßen aus der Gruppe der Höhenwege, da sie aufgrund ihrer Höhenlage ganzjährig nutzbar waren, während die parallel dazu verlaufenden Talrouten meist nur Schönwetter-Routen und nach längeren oder starken Regenfällen oft unpassierbar waren.
Nordwestlich der Eger führte eine Hohe Straße entlang, die mit der Alten Poststraße in vielen Teilen identisch war, und wie diese, den alten Urwegen folgte. Diese Via Regia parallel zum Egertal soll auch Frankensteig genannt worden sein, so erzählt es Josef Kühnl in seiner „Geschichte der Stadt Schlackenwerth“. Sie basierte auf einer uralten Heerstraße, für deren Erhaltung schon Kaiser Karl der Große sorgte. Dieser soll im Jahr 805 seinen Heerzug gegen die Slawen über diese Heerstraße geführt haben als er versuchte Böhmen zu erobern. Die Heerstraße war vorbestimmt durch einen noch älteren Handelsweg, der von Eger nach Prag führte.
Die Via Regia wurde als Eigentum und Verpflichtung der böhmischen Könige gehalten. Dies findet zum Beispiel am 10.3.1391 urkundliche Erwähnung in einem Privilegium von König Wenzel IV., nach welchem die Straße von Prag, der Hauptstadt Böhmens, über Schlan, Laun, Saaz, Rodisfort, Zettlitz und Elbogen nach Eger als Reichsstraße anerkannt wurde. Zwar folgte sie im großen Zuge dem Egertal, wich – wie alle älteren Hochstraßen – den Talniederungen mit ihren vielen Sumpfstellen an den Bach- und Flußufern möglichst aus und führte, von Westen kommend, im Karlsbader Bereich nördlich der Eger bis Rodisfort und dann südlich des Flusses durchs Aubachtal über Saaz nach Prag, wie man heute annimmt.
Es ist ferner überliefert, dass 1727 auch Karl VI. einen Handelsweg von Eger in die böhmische Hauptstadt Prag angeordnet hat. Ob diese den gleichen Verlauf hatte, können wir nur vermuten.
Die alte Via Regia lief aller Erkenntnis nach nordwestlich von der damaligen Taschwitzer Wallburg „Alt-Elbogen“ (9./10. Jhd), die wahrscheinlich in ganz frühen Zeiten Sitz eines Wach- und Sicherungsposten war, und oberhalb des Horner Bergs, an dessem Fusse sich zur Eger hin seit Jahrhunderten der Hornsberg-Hof (siehe auch Geschichte des Stahlnhofs) befand, siehe Zeichnung:
Via Regia (nach W. Brosche)
Wilfried Brosche, der Ersteller der Zeichnung, zieht nach seinen wissenschaftlichen Betrachtungen den Schluss, dass der Hornerberg, der Hutberg und der Steinbühl offenbar die zugehörigen Wachberge und Signalstationen dieser wichtigen alten Verkehrslinie waren. Seiner Meinung nach gehörten wahrscheinlich auch der Aberg und die Kuppen des Buchberges und des „Ewigen Lebens“ zu diesem Kontrollsystem.
Gustav Erlbeck berichtet 1983 in seinem Buch „Aich bei Karlsbad, Dorf- und Familiengeschichte“ ebenfalls von dem Urweg, auf dem Volksteile, Heereszüge und Händler nur zwischen Eger und Erzgebirgsfuss dahinziehen konnten. Den Verlauf der sich daraus entwickelnden Via Regia beschreibt er als von Eger über Janessen, Putschirn, Zettlitz, Dallwitz, Ellm nach Rodisfort, dort die Eger überquerend weiter über Schlan nach Prag führend. Er berichtet weiter, dass von dieser Hohen Strasse schon in früher Zeit Wege über Furten durch die Eger und durch das anschliessende Bergland zu den in Bronze- und Eisenzeit wichtigen Zinnvorkommen um Schlaggenwald abzweigten. Ein für Aich wichtiger Weg wäre die Abzweigung der Via Regia bei Janessen in südöstlicher Richtung gewesen, die bei Taschwitz die Eger mittels der dortigen kleinen Inseln im Fluss überquerte. Sie lief dann von dieser Furt durch den Ort Aich und über den Hirschberg nach Schlaggenwald. Dieser Weg wäre auch Schlaggenwalder Steig genannt worden. Erlbeck sah im Egerfelsen Alt-Elbogen und im Aicher Schlossfelsen knapp unterhalb der Furt am rechten Egerufer wichtige Wachpunkte und eine Doppelsicherung des Eger-Übergangs. Diesen Weg sieht man noch 1782 in der Karte zur Josephinischen Landesaufnahme eingezeichnet.
Eger als Knotenpunkt der Handelswege
Die Stadt Eger, die strategisch günstig in einem Talkessel liegt, war über Jahrhunderte hinweg ein Kreuzungspunkt bedeutender Handelswege. Hier traf zum Beispiel die aus dem Rheinland kommende und nach Böhmen gehende Straße auf die von der Donau und ihrer Metropole Regensburg in die norddeutsche Tiefebene verlaufende Straße. Von Eger aus hatte man Anschluss nach Frankfurt, Leipzig oder Nürnberg.
Im Mittelalter kamen auf den Handelsstraßen von Prag nach Nürnberg hauptsächlich Häute, Wachs, Spezereien, Kupfer, Zinn, Salz, Loden und Ochsen. Nach Böhmen wurden flandrische Tuche, Sämereien, Getreide, Wein, Wolle und Eisenfertigwaren geliefert. Der genaue Verlauf der Handelsrouten ist bis heute leider nicht bekannt.
Eger, 1750
Kaiser Karls Reisen auf der Via Regia
Der böhmische König und römisch-deutsche Kaiser Karl IV. (1316-1378) hat seine ersten drei Lebensjahre in der Obhut seiner Mutter Elisabeth von Böhmen auf der Burg Elbogen verbracht. Die königliche Familie hatte schon zu diesem Zeitpunkt ein persönliches Interesse, die Hohe Strasse von Eger aus nach Elbogen und Prag unter ihre Obhut zu stellen.
Später wurde Karl IV. zum Begründer von Karlsbad und zu seinem berühmtesten Besucher. Am 14. 8. 1370 erteilte der Herrscher in Nürnberg seinen Untertanen in Karlsbad das Privileg des Elbogener Stadtrechts. Damit erhob er die Gemeinde am Sprudel, die früher Warmbad genannt wurde, de facto zur Königsstadt. Das war der Beginn der erfolgreichen Entwicklung des Bades zum Weltkurort Karlsbad.
Der Kaiser reiste danach auf der Via Regia von Nürnberg über Eger nach Elbogen, wo er am 10. Oktober 1370 ankam. Nach einem mehrtägigen Aufenthalt in Elbogen verbrachte er nachweislich drei Tage in Karlsbad, nämlich vom 16.-18. Oktober 1370. Der zweite Besuch des Landesvaters in Karlsbad fand 1374 statt. Der letzte und längste Aufenthalt von Karl IV. war im Jahr 1376. Bereits am Ende des Jahres 1375 reiste der Kaiser von Prag nach Nürnberg, wo er jedoch nur kurz verweilte, da er bereits am 4. 1. 1376 mit einer zahlreichen Gefolgschaft von adeligen Gästen in Karlsbad ankam. Unter Karls Begleitung war auch sein Sohn, der zukünftige böhmische König Wenzel IV. In seinen letzten Lebensjahren litt Karl IV. unter schmerzhaften Gichtanfällen, die er mit Bädern im warmen Thermalwasser lindern wollte.
Goethes Reisen auf der Alten Poststraße
Johann Wolfgang von Goethe besuchte Karlsbad in der Zeit von 1785 bis 1823 ganze 13 Mal. Dank Goethes Beschreibung der Anfahrt nach Karlsbad in seinen diversen Tagebüchern, Tag- und Jahresheften sowie Briefwechseln, kennen wir heute den Weg, den damals die Postkutsche über die Alte Poststraße westlich von Grünlas nahm. Goethe fuhr auch am Hornsberg vorbei. Ob er dort mal angehalten hat, um die Aussicht auf das Egertal zu genießen und dabei einen Blick auf den Hornsberghof (später Stahlnhof) genommen hat? Wilfried Brosche beschreibt Goethes Postkutschenreise in seinem 1965 erschienenen Buch „Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte der Karlsbader Landschaft“ wie folgt:
Er [Goethe] sah, hinterm Horner Berg heraufkommend, das Karlsbader Becken sich breiten und fuhr dann durch den alten Posthof, welcher noch 1945 — abseits der neuen Fernstraße — nördlich von Horn fast vergessen lag, bog dann zur Egerbrücke kurz oberhalb Donitz ins Tal abwärts. Die letztbeschriebene Brücke überquerte die Eger etwa zweihundert Schritt oberhalb der Stahlbrücke der jetzigen Straße und man konnte ihre Wiederlager und die Grundmauern des rechtsufrigen Mauthauses noch während des Krieges deutlich erkennen. Weiter ging die Postfahrt über Donitz, die Knollstraße hinauf, durch die Senke von „Klein-Versailles“ hinunter und hinter ins Tepltal, zum Marktplatz der Stadt. „Hinten“ im Tepltal versteckt lag das Bad der Biedermeierzeit, in seiner kleinen, gemütlichen Enge.
Wilfried Brosche, 1965
Karlsbad, 1940 Karlsbad, 1991
Via Regia – Kulturroute des Europarates
Heute steht das internationale Straßennetz der Via Regia und ihr königliches Flair als Symbol für die Annäherung und Vereinigung Europas und wurde 2005 vom Europarat zur Großen Kulturstraße des Europarates (Mayor Cultural Route of the Council of Europe) erklärt. Die internationale Koordinierungsstelle von „Via Regia – Kulturroute des Europarates“ ist das Europäische Kultur- und Informationszentrum in Thüringen.